Samstag, 31. Oktober 2009

Landesnaturschutzverband BW gegen "Wegerechtsgesetz"

Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung und zum Betrieb einer Ethylen-Rohrleitungsanlage in Baden-Württemberg (BWRohrlG0)

Sehr geehrter Herr Dr. Wekerle,
auf Ihr Anhörungsschreiben vom 19. August 2009 beschränken wir uns wegen der nur vierwöchigen Frist während der Urlaubszeit auf folgende Gründe für die vorsorgliche Ablehnung des Gesetzentwurfs:

Entgegen der - insofern verwirrenden - Bezeichnung des Gesetzes geht es lediglich darum, die Enteignung für die Rohrleitungsanlage zu ermöglichen, für deren Errichtung und Betrieb bereits Planfeststellungsbeschlüsse erlassen wurden. Offenbar soll das Gesetz die vom Bundesverfassungsgericht aus Art 14 Abs. 3 S 2 GG abgeleiteten Voraussetzungen für eine Enteignung zugunsten privatrechtlich organisierter Unternehmen schaffen, nämlich den nur mittelbar verwirklichten Enteignungszweck zu umschreiben, die grundlegenden Enteignungsvoraussetzungen und das Verfahren zu ihrer Ermittlung festzulegen sowie Vorkehrungen zur Sicherung des verfolgten Gemeinwohlziels zu regeln (Urt. v. 24.3.1987 - 1 BvR 1046/85 - BVerfGE 74, 264 2. Leitsatz).

Das zu verfolgende und zu sichernde Gemeinwohlziel (Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG), das in § 1 des Gesetzentwurfs behauptet wird, ist nicht hinreichend konkret. Das Bundesverfassungsgericht bezweifelt ausdrücklich die hinreichende Bestimmtheit der Regelung eines allgemein umschriebenen Zwecks, die regionale Wirtschaftsstruktur zu verbessern und Arbeitsplätze in einem strukturschwachen Gebiet zu schaffen. Die in Abs. 2 beschriebenen Zwecke zeigen nicht einmal auf, dass Arbeitsplätze geschaffen werden, sondern beschränken sich im Wesentlichen auf „Stärkung“ der vorhandenen Unternehmenslandschaft, verbunden mit Chancen zur Ansiedelung weiterer Unternehmen, deren Flächenverbrauch aber das Wohl der Allgemeinheit auch beeinträchtigt. Dass die Vorteile genutzt werden und sich auf dem Arbeitsmarkt niederschlagen, kann nur erhofft und naturgemäß nicht gesichert werden. Ob die unter Nr. 6 genannte Verbesserung der Umweltbilanz und der Transportsicherheit die Rohrleitungsanlage tragen würden, wagen wir zu bezweifeln.

Mit freundlichen Grüßen

Gez. Christine Lorenz-Gräser

Geschäftsführerin

3 Kommentare:

  1. In diesem Fall pragmatisch hinterfragt:
    Wer zahlt eigentlich die Steuern für Grund und Boden der enteignet wird?
    Wer zahlt zusätzliche Infrastrukturkosten für beispielsweise Pumpstationen, weil eine Abwasserleitung ihres natürlichen Gefälles beraubt wird?
    Wer zahlt die Kosten die evtl. nach dem Feuerschutzsondergesetz investiert werden müssen?
    Wer zahlt indirekt höhere Versicherungsprämien die nach einem Umlageverfahren durch gestiegene Risiken vorgeben sind?

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  2. Erinnern Sie sich?
    Es gab da kürzlich eine Großenteignung, die der Hypo Real Estate. Dazu gab es im Bundestag eine Aussprache zum Für und Wider dieser Maßnahme. Herr Brüderle von der FDP hat dazu eine ausführliche Stellungnahme abgegeben und die Unverzichtbarkeit des Eigentumsgedanken klargestellt.
    Herrn Brüderles Parteibruder scheint indes nicht die gleichen Gedanken zu haben, sonst wäre wohl ein differenziertes Gesetzwerk mit anderen Eindeutigkeitsmerkmalen auf den Weg gebracht worden.
    Hier muß einmal hinterfragt werden, infern Bürgerrechte die von der FDP gestärkt werden wollen, jetzt auf unsägliche Weise vor Gericht zurückertritten werden müssen.

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  3. Zur Aussage von Anonym kann man nur sagen, treffend. Die heutige Politik beklagt sich über fehlende Mehrheiten im besonderen CDU und SPD, tun aber alles um durch einen Paradigmenwechsel der Hörigkeit, nämlich der Lobbyisten, eben allem Vorschub zu leisten. Es wird also Zeit, dass den UWG s und wie auch heißen mit Bodenhaftung zum vernunftgegabten Wähler mehr Beachtung und Vertrauen entgegengebracht wird.

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